Multimedia ohne Grenzen? Oder nur ein Mausklick bis zum Grauen

(erster regionaler Elterntag an unserem Gymnasium am 28.06.2014)

Ein aktuelles, immer wiederkehrendes Thema, das alle Schulen im Landkreis betrifft, ist der Umgang mit den Gefahren des Internets und mit Cybermobbing. Im Arbeitskreis der Säule 2 für die Bildungsregion Deggendorf entstand 2013 die Idee, dazu am St.-Michaels-Gymnasium Metten einen regionalen Elterntag anzubieten. Er fand am 28.06.2014 von 8.30 bis 12.15 Uhr im Wittelsbacher Saal statt. Als ausgezeichneter Referent konnte Erster Kriminalhauptkommissar und IT-Sachverständiger Rainer Richard gewonnen werden, der den weiten Weg von München an einem Samstagvormittag nicht scheute, um die anwesenden Eltern umfassend zum Thema „Multimedia ohne Grenzen? Oder nur ein Mausklick bis zum Grauen“ Betrachtungen des Internets unter den Aspekten des Jugendmedienschutzes zu informieren und zu warnen.

Die Kernfrage lautet: Wie viel Internet, Handy, Ballerspiel und Cybersex verträgt ein Kind, um gesund erwachsen zu werden? Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf seelische und körperliche Unversehrtheit. Eltern dürfen ihre Kinder in Deutschland nicht mehr körperlich züchtigen, per Gesetz. Die Rechte der Kinder werden in diesem Land hoch gehandelt – im „echten Leben“. Sobald die Kinder den Cyberspace betreten, scheinen diese Kinderrechte ausgesetzt. Und das leider nur zu oft, weil Erziehende kein Interesse an dieser anderen Welt haben. Diese Aussagen sind dem Werbetext für das empfehlenswerte Buch von Rainer Richard und Beate Krafft-Schöning (Netkids e. V.) mit dem Titel „Nur ein Mausklick bis zum Grauen – Jugend und Medien“ entnommen, zu dem genauere Angaben auf der Webseite www.nur-ein-mausklick.info heruntergeladen werden können.

Seit 1995 verfolgt Herr Richard mit wachsender Sorge die Zunahme von pornographischen und Gewalt verherrlichenden Seiten im Internet, an die mit diversen Tricks bereits Grundschulkinder herankommen können. Für den Zugriff auf diese Seiten muss eine Kreditkartennummer angegeben werden, die sich ein Kind leicht besorgen kann, wenn die Karte in der elterlichen Jacke an der Garderobe hängt. Erst die folgende dreistellige Rechnung lässt Eltern auf dieses Verhalten aufmerksam werden. Laut einer Studie der Jugendzeitschrift „Bravo“ kennt bereits 30 % der Achtjährigen Internetseiten pornographischen Inhalts, bei den 14- bis 17jährigen sind es 80 %. Die Verbreitung pornographischen Schriftguts ist ein Straftatbestand, den die Kriminalpolizei verfolgt. Sexueller Missbrauch von Kindern findet bereits dann statt, wenn sich in einem privaten Chatroom ein Gesprächsteilnehmer des Kindes vor laufender Kamera selbst befriedigt. Zur Beweissicherung braucht die Kriminalpolizei Angaben zum Anbieter, Datum, Uhrzeit; der Tatbestand muss zur Anzeige gebracht werden, was leider sehr wenig erfolgt, wie Herr Richard angibt. Das liegt auch daran, dass sich Kinder und Jugendliche aus Angst vor Verboten nicht trauen, ihre Eltern zu informieren. Zwei Drittel der Betroffenen sind Mädchen.

Herr Richard warnt auch davor, dass im Rahmen eines Profils ins Internet gestellte Bilder manipuliert werden können. In diesem Jahr fand eine Facebooknutzerin aus Dänemark ihr Foto auf einem Werbeplakat für Damenhygieneartikel wieder. Nach deutscher Gesetzgebung ist das Recht am eigenen Bild geschützt, die Nutzungsbestimmungen von Facebook hebeln jedoch das deutsche Recht aus, ohne wirkungsvoll dagegen vorgehen zu können.

Auch auf Cybermobbing geht Herr Richard ein, das wegen seiner Anonymität und weil es rund um die Uhr stattfindet, Betroffene in den Selbstmord treiben kann. Herr Richard rät dringend, Opfern zu glauben, ein verständnisvoller Ansprechpartner zu sein (an Schulen sind das Klassleitung, Verbindungslehrkraft, Stufenbetreuung), den Dienstanbieter zum umgehenden Löschen der Angaben aufzufordern.

Allen Eltern empfiehlt der Vortragende, persönliche Zuwendung zu zeigen, Regeln festzulegen, zu kontrollieren und Konsequenzen anzukündigen. Von einem PC im Kinderzimmer hält er nichts. Er weist auf zahlreiche technische Vorkehrungen hin, die Eltern installieren (lassen) können und die auf seiner Homepage zu finden sind. Im Anschluss an Herrn Richards Vortrag fand eine rege Diskussion statt, an der sich auch die Familienbeauftragte der Stadt Deggendorf, Frau Schandelmaier, Frau Grzemba von der Regierung von Niederbayern und zahlreiche Mitglieder des Elternbeirats beteiligten. Herr Altmann vom Regionalmanagement der Stadt Deggendorf und Herr Färber sowie Pater Erhard und Frau Brehm-Wammes von der Schulleitung des St.-Michaels-Gymnasiums Metten verfolgten die Veranstaltung mit großem Interesse. Herr Dr. Birker, der Vorsitzende des Elternbeirats, bedankte sich herzlich beim Vortragenden und kündigte an, weitere Veranstaltungen zum Schutz unserer Kinder und Jugendlichen vor den Gefahren des Internets folgen zu lassen. Er hob hervor, dass dabei der Austausch mit Grundschulen und weiterführenden Schulen in Stadt und Landkreis Deggendorf fortgeführt und vertieft werden soll. In der Diskussion wurde Herr Richard auch gefragt, ob er Vorträge vor Schulklassen hält. Er verneinte mit dem Hinweis auf eine Altersbegrenzung für seine Vorträge von 18 Jahren. Außerdem lässt sich eine Anzahl von 50 Vorträgen im Jahr gerade noch mit seinem aktiven Dienst vereinbaren.

Die nächste Veranstaltung für Schulklassen findet am 11.07.2014 statt. Der pensionierte Kriminalkommissar Karl Pompl spricht mit unseren Mittelstufenklassen darüber, wie sie sich vor den Gefahren des Internets schützen können. Auch seine Homepage www.gefahrlos-surfen.de ist empfehlenswert.

Zum Abschluss dieses Berichts ist es mir ein Anliegen, mich herzlich beim Elternbeirat für die gute Zusammenarbeit zu bedanken, bei den Stufenbetreuern, der Schulleitung, den Verbindungslehrkräften und allen Mitgliedern des Kollegiums, denen ein konstruktiver Austausch über ihre Klassen am Herzen lag.