Berlin ist immer eine Reise wert

Berlinfahrt des gleichnamigen Projektseminars

Am Mittwoch vor den Allerheiligenferien, am 24.10.2018, war es endlich soweit. Planung und Vorbereitungen des Projektseminars „Berlinfahrt“ erreichten in der zwölften Jahrgangsstufe ihren Höhepunkt – die Fahrt begann für zwölf hochmotivierte Schülerinnen und Schüler in Begleitung ihrer Lehrkräfte Frau Schäfer und Herrn Sebastian Liebl.

Vorausgegangen waren umfangreiche Überlegungen dazu, was man in Berlin, der Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland, gesehen haben muss, aber natürlich auch, wo man den Abend verbringt. Schließlich sollte das Ergebnis aller Anstrengungen des Projektseminars die Veröffentlichung eines Reiseführers mit dem Thema „Berlin für junge Leute“ sein. Für jeden der vier Tage in Berlin war eine Gruppe von drei Personen zuständig.

Die Aufgabe eines Projektseminars ist es, Schülerinnen und Schüler bei ihrer Studien- und Berufswahl zu unterstützen. Dabei sollen sie zielgerichtet und systematisch im Team, aber auch mit externen Partnern zusammenarbeiten. Dafür haben sie in der elften und zwölften Jahrgangsstufe drei Semester Zeit und erhalten zum Abschluss ihrer Arbeit ein Zertifikat, dessen Benotung in die Abiturnoten einfließt.

Das Projektseminar „Berlinfahrt“ ist dem Leitfach Geschichte zugeordnet. Daher lag der Schwerpunkt der sechstägigen Fahrt auf Sehenswürdigkeiten, die mit der Geschichte Berlins vom 18. bis zum 21. Jahrhundert zu tun haben. Am besten verbindet diese Jahrhunderte das Brandenburger Tor. In einer beeindruckenden Rundumschau zeigt das Museum am Brandenburger Tor die einzelnen Stationen vom preußischen Königreich über das zweite deutsche Kaiserreich, die Weimarer Republik, das Dritte Reich bis in unsere heutige Zeit. Daher ist es für jedes Projektseminar Pflicht, vom Pariser Platz, also dem ehemaligen Ostberlin aus, durch das Tor in den Westen zu gehen und an die Zeit zu denken, in der das Vierergespann auf dem Tor, die Quadriga, die einzige Reisegruppe war, die ohne Kontrolle in die damalige DDR einreisen durfte. Natürlich darf auch ein Foto vor dem Gang durch das Tor nicht fehlen; einen geeigneten Platz dafür zu finden war diesmal besonders schwer, weil sich diverse Demonstrationsgruppen mit Plakaten und andere Reisende ebenfalls um den besten Platz für ein gutes Foto bemühten.

Nach dem Gang durch das Tor bietet sich in Erinnerung an eine Zeit, in der Andersdenkende verfolgt und umgebracht worden sind, ein Besuch des Denkmals für die ermordeten Juden Europas an. Ist schon der Gang durch die Stelenreihen bedrückend, verstärkt sich dieses Gefühl noch zu fassungsloser Betroffenheit bei dem Besuch des Ortes der Information unter dem Stelenfeld, der in vier großen Räumen die Stationen der Judenverfolgung im Dritten Reich präsentiert. Die umfangreiche Kontrolle beim Betreten des Museums macht Besucherin und Besucher darauf aufmerksam, dass auch in unserer Zeit und in unserem Land Menschen wegen ihrer Religion angegriffen werden.

Dass wir in einem Land leben, dass die Grundrechte seiner Bürger schützt, stand im Mittelpunkt eines Gesprächs im Bundestag, das dem Projektseminar unser MdB Thomas Erndl vermittelt hatte. Er war bereits am 19.10. am St.-Michaels-Gymnasium Metten und stand der zwölften Jahrgangsstufe Rede und Antwort. Sein umfangreicher Wochenplan mit vielen Veranstaltungen in Berlin, aber auch in seinem Wahlkreis, und seine bereitwillige Auskunft über seinen Werdegang nötigten den Schülerinnen und Schülern höchsten Respekt ab. Er vertiefte sich noch, als die Reisegruppe beim Gespräch im Bundestag mit Herrn Erndls Assistentin und Assistent Näheres über die Reisen Herrn Endls im Rahmen seiner Tätigkeit im Auswärtigen Ausschuss erfuhr. Natürlich durfte ein einstündiger Vortrag über die Arbeit von Bundesregierung und Bundestag im Plenarsaal nicht fehlen. Der Spaziergang auf die Kuppel des Reichstags musste wegen Reinigungsarbeiten leider entfallen. Höhepunkt des Besuchs des diesjährigen Projektseminars war sicherlich das Mittagessen im Abgeordneten-Restaurant, bei dem zwischen drei Menus gewählt werden konnte.

Berlin als geteilte und eingemauerte Stadt ist Thema der Ausstellungen im Mauermuseum, in der Gedenkstätte Berliner Mauer sowie im Alliiertenmuseum.

Stehen im Mauermuseum am ehemaligen amerikanischen Kontrollpunkt Checkpoint Charlie die zahlreichen Fluchten vieler DDR-Bürger unter dramatischen Umständen in die Freiheit des Westens im Mittelpunkt, dokumentiert die Gedenkstätte Berliner Mauer mit dem anschließenden Mauerpark die Errichtung und die Abschnitte einer Mauer, die fast vierzig Jahre lang Familien getrennt und Menschen daran gehindert hat, sich frei zu bewegen. Das eineinhalbstündige Gespräch mit einem Zeitzeugen, der im Alter von sechzehn Jahren fünf Tage vor dem Fall der Mauer in den Westen floh, machte diese Unfreiheit besonders deutlich. Er wies die Reisegruppe, die vor dem Gespräch mit Bus und Bahn ganz selbstverständlich von Berlin/Mitte nach Zehlendorf im Westen Berlins zum Alliiertenmuseum gefahren war, darauf hin, dass ihm eine solche Fahrt zu seiner Zeit in der DDR durch die Mauer verwehrt war, und das in derselben Stadt.

Die Berliner Mauer wurde entlang der Grenze zwischen sowjetischem Sektor und den Sektoren der drei Alliierten Großbritannien, Frankreich und den USA errichtet. Im ehemaligen amerikanischen Kino wurde vor zwanzig Jahren das Alliiertenmuseum eingerichtet. Höhepunkt der Besichtigung ist die Darstellung eines Fluchttunnels sowie die Möglichkeit, in einem „Rosinenbomber“ die Kohlesäcke zu heben, die von den Flugzeugbesatzungen 1948 bei der Berliner Luftbrücke ganz selbstverständlich aus dem Flugzeug geworfen wurden, um die Berliner Bevölkerung mit dem Lebensnotwendigsten zu versorgen. Da die Sowjetunion die Zugänge zu Land und zu Wasser gesperrt hatte, war nur noch die Versorgung aus der Luft möglich.

Der Verein „Berliner Unterwelten“ versetzte die Besuchergruppe während einer eineinhalbstündigen Führung im Fichtebunker in die Zeit, als Berlin im Zweiten Weltkrieg bombardiert wurde. Ursprünglich wurde das Gebäude vor hundert Jahren als Gasspeicher errichtet und im Dritten Reich als Mutter- und-Kind-Aufenthalt während der alliierten Luftangriffe benutzt. Nach dem Krieg diente es u. a. als Altersheim. Der Verein ließ es mit Spendengeldern sanieren; auf dem Dach befinden sich seit einigen Jahren Luxuswohnungen.

Im ehemaligen „Todesstreifen“, d. h. dem Gebiet zwischen dem westlichen und östlichen Teil der Berliner Mauer, liegt seit einigen Jahren das Spionagemuseum. Es vermittelt einen Eindruck von der Tätigkeit westlicher und östlicher Geheimdienste bis in die heutige Zeit; natürlich dürfen auch Spionagefilme nicht fehlen. Da das Museum ein interaktives Angebot hat, betätigt man sich als James Bond oder stellt als „M“ in einem Labor „Gifte“ her.

So viele historische Stationen „abzuarbeiten“ verlangt natürlich immer wieder nach Pausen (sehr zu empfehlen ist für den Verzehr von Currywurst und den Genuss eines „Berliner Kindls“ „Konnopke“ unter der Hochbahn, Station Eberswalder Straße) und einem genauso abwechslungsreichen Abendprogramm (z. B. im „Berliner Wirtshaus“ oder in „Zilles Destille“). Bei der diesjährigen Berlinfahrt durfte auch ein kulturelles Angebot nicht fehlen. Das Schillertheater bot eine unterhaltsame Aufführung zu dem Film „Willkommen bei den Hartmanns“, das Kabarett „Distel“ überraschte mit der Vorstellung, was passieren würde, wenn ein Ehepaar aus der DDR der Fünfziger Jahre mit dem jetzigen Berlin konfrontiert würde. Das Schauspielerteam feierte mit dieser Vorstellung 65 Jahre Kabarettgeschichte.

Müde und voller Eindrücke kehrte die Reisegruppe am 29.10. nach Hause zurück; die Mitglieder des diesjährigen Projektseminars Berlinfahrt stellten wie ihre Vorgängerinnen und Vorgänger mit Freude und Stolz fest, dass sich ihre sorgfältigen Planungen gelohnt hatten. Besonders anzuerkennen ist, dass sie bereit waren, für diese Fahrt drei Tage ihrer Allerheiligenferien zu „opfern“. Frau Schäfer und Herr Liebl danken allen Beteiligten für die angenehme Fahrt; für Frau Schäfer, die seit zweiunddreißig Jahren diese Berlinfahrten veranstaltet, ergaben sich auch diesmal wieder zahlreiche neue Aspekte getreu dem Motto: Berlin ist immer wieder eine Reise wert.