Schuld, Rache und Schicksal – Antikes Theater am St.-Michaels-Gymnasium

Der Tradition des humanistischen Gymnasiums entsprechend brachte die Theatergruppe des St.-Michaels-Gymnasiums heuer wieder ein antikes Drama auf die Bühne: Orest. Hierbei boten die Schüler eine Fassung des Orest-Stoffes dar, für welche die entsprechenden Dramen der drei attischen Tragiker Aischylos, Sophokles und Euripides Pate standen.
In dem Drama wird gezeigt, wie sich die Geschwister Orest und Elektra für den Mord ihres Vaters an ihrer Mutter und der ganzen Familie rächen und sich damit selbst zugrunde richten. Im Gegensatz zu ihrer Schwester Chrysothemis betreibt Elektra, die sieben Jahre auf die Rückkehr ihres Bruders Orest gewartet hat, die Rache an ihrer Mutter Klytaimnestra und deren Liebhaber Aigisthos voller Hass und erbarmungslos. Nach dem Mord an Klytaimnestra können die beiden jedoch nicht zur Ruhe kommen: Orest wird von Fieber und Wahnsinn geschlagen. Als daraufhin ihre Untertanen die beiden Geschwister wider Erwarten nicht stützen, sondern sogar zum Tod verurteilen, richtet sich die Gewalt der beiden nicht nur gegen die eigene Familie, sondern auch gegen das Volk. Erst zu spät erkennen sie, dass die göttliche Verpflichtung, die sie sich eingeredet haben, nie existiert hat und dass sie sich durch ihre Taten selbst ins Aus geführt haben. Daraufhin lassen sie den Königspalast in Flammen aufgehen.
Die Theatergruppe unter der Leitung von P. Athanasius, die fast ausschließlich aus Schülerinnen und Schülern der Q11 bestand, bot eine eindrucksvolle Inszenierung dar, bei der das personifizierte Schicksal (Cosima Löfflmann) mit einem altgriechischen Text seine Macht zeigte. So wurde den Zuschauern deutlich gemacht, dass die Menschen, die selbst die Rolle des Schicksals übernehmen wollen, großes Unheil anrichten können. Kommentierende Funktion hatte – wie in der antiken Tragödie – auch das Chorlied am Ende des Dramas.
Die Rolle der Elektra spielte Theresa Martini souverän und ausdrucksstark, die des Orest teilten sich Alexander Geh, Moritz Schöfer und Whenua Otto, die den vom Wahnsinn geschlagenen Orest überzeugend umsetzte. Als Chrysothemis agierte Celine-Marie Roming, Klytaimnestra und Aigisthos wurden von Sophia Horndasch und Lukas Obergrußberger dargestellt. In den Rollen des Menelaos, der Helena und ihrer Tochter Hermione waren Johannes Buchner, Lena Krinner und Marie-Sophie Kandler zu sehen. Die Aktionen der Schauspieler wurden von Gregor Früh am Keyboard mit geheimnisvollen Akkorden untermalt. Das Sudhaus des Klosters bot mit dem Gewölbe und seinen Balkonen eine ideale Kulisse, die nur durch wenige, elementare Requisiten ergänzt werden musste. Alles in allem eine Aufführung, die unter die Haut ging.