„Wenn du ein Kanu bauen willst ……..“

(Besuch des Projektseminars „Slumdog Millionaire“, Q 11, im Kinderdorf Eichstätt)

Am Mittwoch, dem 07.05.2014, besuchte das P-Seminar „Slumdog Millionaire“ unter Leitung von Frau Schäfer das Kinderdorf Marienstein im Naturpark Altmühltal. Begleitet wurden wir von Herrn Meyer, der sich dankenswerterweise die Zeit nahm, uns mit dem  Internatsbus „ganz nebenbei“ noch die Schönheiten des Altmühltals zu zeigen. Den Kontakt zur Institution hatte Lea Radeljic-Jakic vermittelt, die das Kinderdorf bei einem Praktikum bereits im Voraus erkundet hatte.
Das Kinderdorf ist eine Einrichtung der Caritas, ein Kinder- und Jugendhilfezentrum; sie will Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene so fördern und erziehen, dass sie ihren Platz in der Gesellschaft finden.
Ins Kinderdorf kommen Kinder und Jugendliche mit gestörtem Sozialverhalten, Schulschwierigkeiten, Bindungsproblemen, Entwicklungsverzögerungen oder aus zerrütteten familiären Verhältnissen.
Bei der Ankunft im Kinderdorf wurde das Projektteam (verstärkt durch die Fotografin Romana Bauer, Q 11) von dem Leiter Herrn Porstner und der Erzieherin Brigitte Jakic im Essenssaal begrüßt. Herrn Porstner faszinierte besonders, dass wir vier Stunden Hin- und Rückfahrt auf uns nahmen, um uns nicht nur über soziale Probleme in Indien, sondern auch bei uns in Deutschland zu informieren.
Bei Kaffee und Kuchen erzählten uns Frau Jakic und Herr Porstner von der Entstehung des Kinderdorfes, dessen Geschichte, ihrer Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen und gaben uns einen Einblick in ihre Tätigkeiten. Wir wurden auch mit reichlich Prospektmaterial versorgt.
Danach verabschiedete sich Herr Porstner (er hatte ein Meeting mit Sponsoren) und wir besichtigten zusammen mit Frau Jakic einige Stationen des Dorfes wie z. B. die Holzwerkstatt, in der uns ein Betreuer (ein Schreinermeister) und drei Kinder von ihrem Kanubauprojekt erzählten. Das Projekt erstreckt sich in der Regel über einen Zeitraum von zwei Jahren. Während die Beteiligten im ersten Jahr überwiegend mit natursportlichen Aktivitäten beschäftigt und mit Kanus und Mountainbikes unterwegs sind, fertigen sie im weiteren Projektverlauf zusammen mit ihren Betreuern ein Kanu aus Holz. Notwendige Voraussetzungen dafür sind die Begeisterung für die handwerkliche Arbeit und Durchhaltevermögen. Ziel des Projekts ist es, den Kindern und Jugendlichen insbesondere ihre Stärken aufzuzeigen und ihnen ein Umfeld zur Förderung
sozialer Kompetenzen zu bieten. Zudem wird durch  die überwiegend handwerkliche Tätigkeit die allgemeine Arbeitshaltung gefördert.
Das Projekt setzt die bekannte Aufforderung an erfolgreiche Arbeitsgruppen um: „Wenn du ein Schiff bauen willst, zeige den Beteiligten nicht nur Materialien und Arbeitsschritte, sondern lenke ihren Blick auf das weite Meer.“
Anschließend wurden wir in die Turnhalle geführt, wo einige Kinder mit zwei Betreuern und einer Betreuerin Einrad fuhren. Stolz präsentierten sie uns ihr Können. An die Turnhalle schließt sich der großzügig angelegte Spielplatz mit Fußballplatz an. Da das Kinderdorf landschaftlich sehr schön über Eichstätt liegt, ist der Ausblick vor allem vom Fußballplatz auf die Stadt, das Altmühltal und die Willibaldsburg beeindruckend. Dasselbe gilt für das umfangreiche Sportangebot wie Badminton, Volleyball, Klettern. Auch an überregionalen Basketballturnieren kann teilgenommen werden. Daran sieht man, dass das Kinderdorfteam
großen Wert auf erlebnis- und sportpädagogische Aktivitäten legt. Außerdem lernen die Kinder hier einen strukturiert gestalteten Tagesablauf kennen.
An die Turnhalle angeschlossen ist die Schule. Beim Blick in ein Klassenzimmer haben wir festgestellt, dass die Klassen wesentlich kleiner als an unserer Schule sind, damit sie intensiver betreut werden können. Sie verfügen über eine Bibliothek mit Material zum freien Unterricht und viele Medien. Auch die Tafel fehlt nicht. Das Lehrerpult befindet sich an der Seite am Eingang des Klassenzimmers.
Unsere letzte Station war eine von vielen Wohngruppen mit Ein- und Mehrbettzimmern und anschließendem Raum für die Betreuer. Die farbenfrohe Einrichtung und die familiäre Gestaltung lassen darauf schließen, dass die Bewohner sich hier wohl fühlen. Zwei Kinder aus dieser Wohngruppe zeigten uns neben Küche, Esszimmer und Wohnbereich stolz ihr Einzel- und Doppelzimmer. Anschließend setzten wir uns mit ihnen zusammen und sie berichteten uns darüber, wie und warum sie in das Kinderdorf gekommen sind, wie lange sie schon dort leben, was ihnen besonders gut gefällt und was nicht. Der große Zusammenhalt unter den Kindern und das gute Verhältnis zu ihrem Betreuungsteam waren deutlich spürbar. Die Kinder trösten sich beispielsweise bei Heimweh gegenseitig, sie unterstützen sich, auch große Freundschaften
untereinander entstehen. Die Kinder und Jugendlichen lernen den respektvollen Umgang mit ihren Mitmenschen, sie werden selbstständig und übernehmen Verantwortung, können ihre Fähigkeiten und Stärken entfalten und sich schulisch und beruflich integrieren.
Nach diesem überzeugenden intensiven Austausch, bei dem uns die Offenheit und Unbefangenheit im Umgang mit unseren zahlreichen Fragen sehr angesprochen haben, verabschiedeten wir uns von Kindern und Betreuerin und fuhren mit einem sehr positiven Eindruck und vielen neuen Erfahrungen nach Hause. Diese Einrichtung vermittelt, dass man mit wenigen materiellen Dingen im Leben glücklich sein kann. Uns wurde bewusst, wie wichtig es ist, eine stabile und rückhaltgebende Familie zu haben, in der Werte wie Vertrauen, Respekt, Zuwendung im Vordergrund stehen.
Wir wünschen dem Kinderdorfteam viel Kraft und Geduld bei ihrer verantwortungsvollen, aber
auch anstrengenden Tätigkeit.
(zusammengestellt im Namen des Projektseminars von Johanna Kappl und Lea Radeljic-Jakic,
Q 11)